Donnerstag, 12. November 2009

Fegefeuer

Wenn es eine Hölle gibt, dann ist sie kein Fegefeuer sondern ein türkischer Touri-Bazaar.

An einer der Ausfallstraßen von Antalya liegt ganz am Ende der neu gebauten, noch nicht im Einsatz befindlichen Tramstrecke ein "Türkischer Bazaar". Was ich bis zum Besuch dort jedoch nicht ahnte: Hier endet die letzte türkische Zurückhaltung.

Eigentlich bin ich dorthin, weil ich mir einen weniger touristischen Bazaar anschauen wollte, als den "Alten Bazaar" im Zentrum. Weit gefehlt! Meine kleine Hölle fing nach wenigen Schritten in die Gänge des sehr einfachen Gebäudes an.

Nun kenne ich ja die Bazaarform der "Nightmarkets" aus Thailand und war dadurch scheinbar vorbereitet. Ich hatte einigen Schund aber auch ein paar besondere Stände mit regionalen Waren erwartet. Insbesondere wollte ich mal wieder ein regionales Instrument erwerben.

Zunächst habe ich offenbar die Herausforderung gewagt, mich etwas zu früh zu diesem Ort zu begeben. Die Verteilung Besucher/Verkäufer war bei meinem Eintreten in die Hölle vermutlich 20/400. Die ersten "Hallo - eine Frage" Ansprachen der vielen Textilien-, Lederwaren- und Fälschungen-in-jeder-Ausprägung-Händler konnte ich noch abblocken. "War doch garnicht so schwer!" dachte ich. An einem Stand bin ich auch tatsächlich vor ein paar orientalischen Trommeln (Darabuka) hängen geblieben. Hier hatte ich noch das Glück, auf einen in Deutschland geborenen Türken zu treffen, der verstand, dass ich nicht einfach irgendwas mitnehmen wollte. Er lud mich, wie üblich, zum Tee ein, bis sein Chef noch ein paar andere Trommelmodelle rangeschleppen konnte. Es war aber nichts für mich dabei und die Preise waren astronomisch überhöht (etwa das vierfache von dem, was ich bereit gewesen wäre für eine passende Trommel auszugeben). Aber handeln musste ich ja nicht, weil ich gut klar machen konnte, dass nix für meinen Geschmack dabei war. Ich hab mich von diesem Stand verabschiedet und bin gleich um die nächste Ecke einem Teehändler in die Hände gefallen, der auch super deutsch sprach und mir einen weiteren Tee in die Hand drückte. Der Tee war wirklich ganz lecker. Schwupps war ich mit ihm im Gespräch und er stellte ein paar Teesorten zum "Sonderpreis" für mich zusammen. Sonderpreis: 145 TL (Türkische Lira) - also ca. 70 Euro. "Kleiner Scherz" dachte und sagte ich und hab eine kleine Tüte Tee für 10 TL mitgenommen. Soweit so gut - er hatte ein Geschäft gemacht und ich habe nur die Menge mitgenommen, die ich haben wollte.

Der nächste Teehändler fing mich auch gleich ab, kapierte, dass mit mir kein Geschäft mehr zu machen war und wir haben trotzdem noch etwas Small Talk über die Regeln des Bazaars betrieben. Sein Standnachbar mit schlechten Kopien von "Marken"-Uhren war allerdings weniger verständnisvoll und ziemlich penetrant (der hatte wohl nicht zugehört). Er wollte mich nicht aus seinen Fängen lassen. Warum er nicht verstand, dass ich definitiv keine Uhr bei Ihm kaufen wollte, weiß ich nicht. Offenbar hatte er die Hoffnung, er müsse nur lang genug auf mich einreden, damit ich eines der häßlichen Dinger mitnehme. An diesem Stand musste ich mich schon sehr harsch verabschieden - obwohl ich mir vorgenommen hatte, bei aller Penetranz der Verkäufer, trotzdem freundlich zu bleiben. Einen Ledertaschen- und Dürfte-Händler hatte ich anschließend noch im "Gespräch". Dieser junge Herr bot gefälschte Marken-Düfte an und war auch ziemlich begriffstutzig, als ich wiederholt sagte, ich wäre noch gut mit Düften ausgestattet. Den angebotenen Tee hab ich auch hier dankend abgelehnt und nur noch den nächsten Ausgang gesucht. Die Lust auf weiteren Bazaarbummel war mir vergangen.

Eine besonders angenehme Erfahrung war das viele "nein" sagen nicht - aber wieder eine gute Übung. In Zukunft werde ich wohl auch zu den Reisenden gehören, die nicht mehr auf "Hallo - eine Frage" reagieren. Wird mir schwerfallen, aber ich werd es tun.



Zum Ausgleich für diese Pleite gab es heute viel Sonnenschein und ich konnte den Rest des Tages an verschiedenen Plätzen der Stadt genießen und noch etwas Energie tanken.